Nikon D700 – pure Fotografie
DSLR-Kameras sind tot, 12MP sind viel zu wenig, das Ding macht doch keine guten Fotos! Kaufe dir doch mal eine gescheite Kamera! Nun, ich sehe das etwas anders...
Da ich keine modernen, spiegellosen Kameras mag, nutze ich lediglich ältere Nikon-DSLR wie die D810, Df, D700 & D3s. Und ich muss sagen, dass mir die D700 in Sachen Bildqualität am meisten zusagt. Und auch wenn wir das Jahr 2024 haben, ist sie nach der D3s meine meistgenutzte Kamera. Ich benötige keine 12Bilder/Sekunde und ich filme auch nicht. Trotz der Tatsache, dass die D700 im Jahre 2008 auf den Markt kam und „nur“ 12MP hat, reicht kein Smartphone der Welt in Sachen Bildqualität & Farben an sie heran.
Aber erst mal von Anfang an
Ich war ein paar Jahre als Fotograf tätig. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Business- & Hochzeitsfotografie. Ich wollte natürlich die Kunden zu 100% zufrieden stellen. Damals ging ich noch davon aus, dass die neueste & beste Technik Voraussetzung für zufriedene Kunden sei, was ich heute absolut nicht mehr bestätigen kann. Es begann mit dem Kauf einer Canon 5D III, die dann schnell durch 2 Nikon D810 und den üblich verdächtigen Objektiven ersetzt wurde.
Puh, das ging richtig in’s Geld. Wobei ich sagen muss, dass ich durch meine Arbeiten das Geld relativ zügig wieder einnahm. Auch wenn ich Aufträge bekam, irgendwie verlor ich Lust an der Fotografie. Es ging nur noch darum, die Kundenwünsche (meist am Wochenende) umzusetzen und den Rest der Woche damit zu verbringen, die ganzen Fotos zu bearbeiten, damit die Kunden auch „wirklich“ zufrieden sein würden. Privat fotografierte ich gar nicht mehr und war nur noch genervt.
Aus diesem Grund und der Tatsache, dass wir 2018 an den Bodensee zogen, beschloss ich, keine Dienstleistungen mehr anzubieten und nur noch privat zu fotografieren.
Digitalkameras und meine steigende Unzufriedenheit
Da hatte ich es, das ganze teure Equipment, mit dem ich „eigentlich“ alles machen konnte. Endlich wieder nur „für mich“ fotografieren – toll! Na ja, die Betonung lag auf „eigentlich“, denn irgendwas hatte mich nach dem Verkauf der Canon 5D immer gestört: die riesigen Datenmengen und die Farben, die mir dann nie wieder gefallen hatten. Ich bin ein Kind der 70er und mit analoger Fotografie aufgewachsen. Meine Eltern haben in unseren Urlauben immer Dia-Filme verwendet. Glücklicherweise hat mein Vater mir schon früh erklärt, wie das mit Belichtung usw. funktioniert – es hat mich schon früh gepackt.
In der Schule hatten wir eine Dunkelkammer, in der wir Filme selbst entwickelten und Abzüge erstellten. An die Anmutung analoger Fotografie kam, bis auf die Canon 5D meiner Meinung nach keine digitale Kamera heran.
Ich stellte mir ständig die Frage, wieso mir die Farben/Anmutung nicht gefallen. Egal, an welchen Reglern diverser Bildbearbeitungsprogramme ich „drehte“, egal welches „Preset“ ich anwendete, es wurde nicht besser. Es wurde sogar noch schlimmer, denn die Auflösung werden ja von den Herstellern ständig erhöht, was größere Daten bedeutet und das System verlangsamt, was dann auch immer weniger Spaß macht.
Ich kaufte etliche Kameras, auf der Suche nach diesem „einen Look“. Ich suchte eine Kamera, die Fotos erzeugt, die nicht erst nach endloser Bearbeitung meinen Vorstellungen entsprechen würde. Von sämtlichen Fuji X, über GFX Mittelformat & Leica war fast alles dabei. Aber ich fand keine Lösung. Frustrierend. So langsam stellte ich mir die Frage, ob ich mir das alles nur einbilden würde – ich wusste es nicht und war so frustriert, dass ich alles verkaufte, was ich noch an Equipment besaß.
Jetzt war ich noch frustrierter und hatte keine Kamera mehr. Traurig.
Moment, da war doch was mit einer Nikon D700
Ich erinnerte mich noch an meinen Nachbarn, der mir vor ein paar Jahren erzählte, dass er eine Nikon D700 hätte und die so schöne Fotos machen würde. Damals habe ich in mich hinein geschmunzelt. Was soll die denn bitte können? Spielzeug! Nun, das dachte ich mal. Ich suchte im Netz nach einer sehr guten gebrauchten D700 und wurde bei Photohaus fündig. Dort wurde eine mit lediglich 8.000 Auslösungen verkauft – zudem sah sie aus wie neu. Für 350€. Gut, was soll schon schief gehen? Also gut, in den Warenkorb damit und noch ein paar alte D-Objektive dazu uns bezahlen. War schnell passiert und die Bestellung kam am Folgetag schon bei mir an.
Schnell Akku geladen, ein paar Fotos gemacht und die CF-Karte in freudiger Erwartung in das Lesegerät geschoben. Was mir Capture One jetzt zeigte, zauberte mir ein Lächeln in mein Gesicht. Wow! Das gefällt mir richtig gut. Das Blau ist wirklich blau, das Grün ist grün – die Farbübergänge sind so gefällig. Super. Schon alleine die Darstellung nach dem Import gefällt mir so gut, dass ich viele Fotos oft gar nicht bearbeite. Das hatte ich so noch nie.
Sie fühlt sich einfach richtig an, wie eine echte digitale Kamera eben, auch wenn ich die Haptik einer Nikon FM immer noch am besten finde.
Nur 12 Megapixel, das ist doch lächerlich
Heute ist es normal, auf Vollformat 60 Megapixel zu haben. Da hören sich 12 Megapixel echt mickrig an. Für mich sind sie jedoch völlig ausreichend. Und wenn ich mal wirklich ein Foto in einer großen Größe drucken möchte, kann ich immer noch auf die Superauflösung von Lightroom zurückgreifen. Man muss mal bedenken, dass man Fotos mit 1 Megapixel auf Instagram postet. Okay, das mit dem „croppen“ muss man bedenken. Da ist nicht mehr viel Spielraum. Mit dem passenden Objektiv und der richtigen Herangehensweise stellt das jedoch kein Problem dar.
Der Sensor hat etwas Magisches
Na gut, von „Magie“ zu sprechen, ist wohl übertrieben, aber Nikon hat hier alles richtig gemacht. Er hat einen speziellen Farbfilter bekommen, der hier einzigartig ist. Der Sensor wurde damals von Nikon selbst produziert. In neueren Modellen (D750 / D810 / D850) kommen Sensoren von Sony zum Einsatz. Da ich alle 3 Kameras hatte, kann ich sagen, dass es erhebliche Unterschiede in der Farbwiedergabe gibt, die man nicht einfach angleichen kann – auch wenn das immer wieder behauptet wird.
Beispielfotos
Alle Fotos wurden mit Lightroom bzw. Capture One bearbeitet.
ISO 6.400 ist kein Problem
Und das meine ich wirklich so. Selbst das Farbrauschen ist minimal. Werte über 8.000 sollte man jedoch vermeiden. Da dieser Beitrag kein technischer Beitrag werden sollte, belasse ich es jetzt mit den technischen Details.
In der Zwischenzeit habe ich mir noch eine 2te D700 mit lediglich 5000 Auslösungen gekauft. So habe ich immer eine D700 zur Hand. Ich bin noch immer zufrieden und freue mich immer, sie in die Hand zu nehmen.
Ich möchte noch einmal zur Einleitung zurückkommen, in der ich behauptete, dass kein Smartphone in Sachen Bildqualität & Farben an die D700 herankommt. Nun, das war vielleicht etwas überspitzt formuliert. Dennoch: Smartphones übertreiben es mit der automatischen Bearbeitung. Die Farben werden immer übertrieben. Auch die künstliche Tiefenschärfe sieht einfach nicht echt aus. Physik lässt sich nun zum Glück eben nicht mal einfach so ändern. Und ja, ich nutze auch mal das Smartphone – für echte Fotos jedoch nehme ich immer eine vernünftige Kamera in die Hand.
Nikon Speedkit MB-D10 (Batteriegriff & 8 Bilder/Sekunde)
Für die D700 wurde auch ein „Speedkit“ angeboten. Im Lieferumfang enthalten ist der Batteriegriff MB-D10 mit dem man die D700 auf bis zu 8 Bilder/ Sekunde frisieren kann. Aber Vorsicht! Lediglich mit dem Nikon-Akku EN-EL4 (D3 Akku) oder Standard-Baterien erreicht man die 8 Bilder/Sek. Für den originalen EN-EL4 fallen aber noch einmal über 100€ an und ein Ladegerät benötigt man obendrein auch noch, welches man jedoch auch als China-Nachbau bekommt. Wichtig: man benötigt die „BL-3“ Kamera-Batteriekammerabdeckung, wenn man den Batteriegriff mit dem EN-EL4 Akku nutzen will. Oft wird diese nicht mitverkauft. Den Batteriegriff bekommt man gebraucht schon für 50€.
Nikon D700 in 2024?
Ehrlich, solche Titel in Youtube usw. bringen mich zum Schmunzeln. Wenn die Kamera doch 2008 tolle Fotos produziert hat und noch funktioniert, was sollte sich dann 2024 daran geändert haben? Wenn man damit gut umgeht, wird sie noch viele Jahre funktionieren. Anders als heute wurden die Geräte damals noch so gebaut, dass sie eben nicht nach 3 Jahren kaputt gehen…
Alternative Nikon-Kameras
Die D700 wird in erster Linie wegen ihres Sensors und der Farbwiedergabe so geliebt, die einzigartig ist. Man könnte, um gleiche Ergebnisse zu erhalten, zu der Nikon D3 greifen, denn diese hat den gleichen Sensor mit 98% gleicher Farbwiedergabe. Die D3s hat wieder einen anderen Sensor und auch eine andere Farbwiedergabe, wenn auch sehr ähnlich. Heutzutage ist es fast egal, ob man eine A7, eine Canon R oder eine Nikon Z nutzt - denn die Farben sehen alle ziemlich gleich aus - auch wenn man hier sicherlich streiten würde. Die einzige Nikon-Kamera, die ich mir heute kaufen würde, wäre die Zf...
Keine bzw. kaum noch originale Ersatzteile
Es ist eigentlich unmöglich, noch Ersatz- bzw. Verschleißteile wie z. B. eine originale Gummierung zu bekommen. Da bleibt einem leider nur übrig, sehr behutsam mit der Kamera umzugehen. Alles hat ein Ende. Da meine 2 D700 noch bei unter 10K Auslösungen liegen, werden sie mir noch einige Jahre Freude bereiten.
Preise
Eine gebrauchte D700 bekommt man schon ab ca. 250€. Aufgrund der Ersatzteil-Problematik empfehle ich, mindestens 500€ auszugeben – dann bekommt man eigentlich immer eine D700 in einem sehr guten Zustand mit sehr wenigen Auslösungen. Nikon gab die Lebenszeit des Verschlusses zwar mit 150.000 Auslösungen an, ich habe jedoch schon einige D700 gesehen, die weit über 750.000 Auslösungen auf dem Buckel hatten. Ja, damals wurde noch Qualität (made in JAPAN) gefertigt.